Neuigkeiten

Dürfen sich Arzt/Ärztin und Hebamme die Schwangerschaftsvorsorge teilen?

Die Bundesregierung hat im Januar 2017 auf einen vom „Netzwerk Elterninitiativen für Geburtskultur“ verfassten Offenen Brief reagiert. Sie beantwortet darin die Frage, ob sich Arzt und Hebamme die Schwangerschaftsvorsorge teilen dürfen.

Die Bundesregierung stellt in ihrer Antwort eindeutig klar, dass Frauen sich im selben Quartal sowohl von einem Arzt als auch von einer Hebamme behandeln lassen dürfen.

Ebenso dürfen sie auch auf eigenen Wunsch den Arzt wechseln. Die Krankenversicherung der Patientin übernimmt in jedem Fall die Kosten – die Frau muss nicht in Privatleistung gehen.

Die Bundesregierung stellt klar: Die „geteilte“ Schwangerschaftsvorsorge bei Arzt und Hebamme auch im selben Quartal ist rechtens

Anlass für den Offenen Brief des Netzwerks für Geburtskultur, in dem auch Mother Hood e.V. sich einbringt, waren die schriftlichen Falschbehauptungen einer gynäkologischen Praxis im Landkreis Westfalen-Lippe (NRW).

Die Arztpraxis legt ihren schwangeren Patientinnen gewohnheitsmäßig ein Schreiben vor, in dem diese unterschreiben sollen, sich nicht im selben Quartal von einer Hebamme oder einem anderen Arzt behandeln zu lassen. Andernfalls würden sie zustimmen, die Behandlungskosten selbst zu tragen. Im dem dem Netzwerk vorliegenden Schreiben wird behauptet, dies entspreche der deutschen Sozialrechtsprechung.

Dieser Behauptung widerspricht die Bundesregierung aufs Deutlichste, denn die rechtlichen Gegebenheiten sehen in Wahrheit ganz anders aus.

In der von der Parlamentarierin Birgit Wöllert (Fraktion Die Linke) zusammengefassten Antwort heißt es, das Bundesgesundheitsministerium (BMG) stelle klar: „Eine Schwangere kann den betreuenden Frauenarzt bzw. die betreuende Frauenärztin wechseln und muss dafür nicht die Behandlungskosten selbst tragen.“

Und auch Kooperationen zwischen Frauenärzten*innen und Hebammen seien laut BMG „nicht grundsätzlich ausgeschlossen“, sondern nach den „Mutterschafts-Richtlinien vorgesehen“.

Das BMG weist in diesem Zusammenhang auf die Wichtigkeit der lückenlosen und damit transparenten Dokumentation im Mutterpass hin. Ziel sei „eine möglichst gute Kommunikation und Abstimmung zwischen Hebammen und Frauenärzten“.

Mit diesem Hintergrund beurteilt das BMG das Vorgehen der gynäkologischen Praxis aus Westfalen-Lippe als „nicht nur nicht rechtskonform, sondern auch unsinnig.“ Es zeuge „wohl eher vom Misstrauen gegenüber den eigenen Berufsfachkollegen*innen, den Mutterpass korrekt ausfüllen zu können oder zu wollen.“

Falschbehauptungen von Ärzt*innen häufen sich

Berichte von schwangeren Frauen, deren Ärzt*innen kassenärztliche Behandlungen verweigerten, da im selben Quartal eine Hebammenvorsorge oder ein Arztwechsel stattgefunden hatte, trafen in letzter Zeit gehäuft bei den Mitgliedern des Netzwerks für Geburtskultur ein. Dass ein solches Vorgehen der aktuellen Rechtslage widerspricht, sollte mit der Antwort der Bundesregierung nun deutlich geklärt sein.

Mother Hood e.V. und das Netzwerk für Geburtskultur wollen alle Frauen darin bestärken, sich nicht durch nötigende Aussagen oder Schreiben ihrer Frauenärzt*innen verunsichern zu lassen und ihre Rechte aktiv einzufordern.

Auch die Bundestagsabgeordnete Birgit Wöllert betont: „Schwangere, die von solchen Verhaltensweisen Kenntnis erlangen, kann ich nur auffordern, umgehend bei der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung ein sofortiges Eingreifen zu verlangen und parallel das jeweilige Landesgesundheitsministerium zu informieren.“ Auch eine Beschwerde an die zuständige Krankenversicherung kann sinnvoll sein.

Im Netzwerk Elterninitiativen für Geburtskultur engagiert sich Mother Hood e.V. mit vielen anderen Vereinen und Initiativen für eine Reform der Geburtskultur und für mehr Mitbestimmung bei der Gestaltung der Rahmenbedingungen in Geburtshilfe und Geburtsmedizin.